Das neue Plastic Bomb (Nummer 91) – Review Teil 1

Gerade in letzter Zeit beschäftigt mich das Plastic Bomb innerlich wieder mehr. Das zeigt sich daran, dass ich mich in Gesprächen und Briefen wieder öfter zu meiner Punkvergangenheit äußere. Justament Sprach ich mit meiner Frau auf der Kurzerholungsrückreise aus dem Sauerland darüber, da liegt das Plastic Bomb Nummer 91 pünktlich wie immer im Briefkasten.

Auf dem Cover blicken zwei Männer vor dem Brandenburger Tor ernst in die Kamera. Kurz muss ich überlegen, wer denn diese wohl wieder sein mögen? Zwei Rapper aus dem mittlerweile obligatorischen Hip Hop Genre scheiden aus, da sie offenbar in meinem Alter sind. Und als ich den Inhalt überfliege, meine ich mich daran zu erinnern, dass der sympathische Typ rechts mit modisch gegeltem Iro wohl von Anti-Flag ist. Klar, die gibt es immer noch. Und die hatten schon immer eine ultraglatt gebügelte Promomaschinerie im Rücken.

Vielleicht entscheide ich mich deswegen seit Jahren, nicht noch einmal in die neuen Platten reinzuhören. Ist unfair, denn bei Bad Religion, NoFX, NoMeansNo, Hard Skin, Fugazi und Kollegen ist mir das ziemlich egal, dass sie das vermeintlich Gleiche permanent wiederholen. Mal gucken, ob Anti-Flag mich mit diesem Beitrag zurückholen. Auf dem Cover stehen noch Henry Rollins – für den hatte ich nie was übrig, obwohl ich ihn gerne gekannt hätte –, Heinz Strunk – das aktuelle Album berührt mich zutiefst –, Neurotic Arseholes – na, ja –, Nagel – war ein dufter Typ, mal gucken, was der jetzt so macht –, Tubbe – ???, wobei ich nicht weiß, ob das nicht übertrieben ist –, Abfukk – keine Ahnung, was die so machen, aber ich assoziiere studentisch–vegane Verbindungen dahinter –, Die Schwarzen Schafe – das kann doch nicht alles gewesen sein, Armin! –, The Kids – bestimmt ein Kurzinterview –, Adam Angst – extrem gelungene Alliterationen im Bandnahmen wecken eine ziemlich hohe Erwartung –, Mr Irish Bastards – hau mir ab mit Blockflötenpunk!!! –, Schmutzstaffel – gibt es Nix Gut eigentlich noch? –,  Misantropic – kann nur gruseliger Prügelpunk mit Crusteinschlag oder Screamo aus Skandinavien sein – und Social Distortion – fanden in den 90ern alle super und den meisten (auch mir) ist das heute unerklärlich bis peinlich –.

Dazu kommen die obligatorischen Kolumnen von Atakeks – der bemüht sich jetzt wieder etwas von seinem verschrobenem Musikgeschmack unters Folk zu bringen oder wird er seinen neuen Lieblingsfeind Jello Biafra zur Strecken bringen? – und Basti – alles ist möglich –. Gespür für Timing beweist das Thema Punk und Karneval in der Sommerausgabe und Maks in London kann nur geil sein.

Der Apell ‘Don’t give up, don’t give in’ hat nun auch endlich die Straßenköter vom Cover verjagt, so dass ich getrost die Hülle aufreiße, um an den Inhalt zu kommen. Anti–Flag blocken auch die Rückseite – immerhin sind sie großzügig – mit einem gelungenen Artwork zum American Spring Album. Ein kurzer Blick auf die CD–Beilage zeigt, der Köter ist auf die CD geflüchtet. Der gleichnamige Song von Abfukk hört sich nach älteren Terrorgruppe mit schlechterem aber besserem Sänger als die Bottrops an, also gar nicht so übel. Der Willy Wucher–Verschnitt von den folgenden kmh würde sich zu dem Sound ganz gut machen. Gefällt mir ebenso wie der Bollohardcoresound von Moscow Death Brigade und den kleinen Töchtern von Patti Pattex, Stahlschwester, deren EP gleich bestellt wird. Manchmal ist eine Tautologie halt sinnvoller als die in einen Songtext gegossene TAZ-Kolumne zum Thema Homophobie von The Flexfitz. Sonst fallen mir noch die Kellerasseln, obwohl es ja im Titel Die Beste heißen muss, Science Fiction Army und mit ihrem minimalistischem Elektrosound Die Zelten! angenehm auf.

In Michas Kolumne lese ich dann, dass er sich alles andere als gleichgültig in puncto Neurotic Arseholes verhält und verstehe nun das Motto ‘Don’t give up, don’t give in’, denn die Wiederveröffentlichung der ‘Bis zum bitteren Ende’-LP auf Plastic Bomb Records steht nur Dank Michas Hartnäckigkeit an – der Beschluss, die Scheibe in den nächsten Tagen aufzulegen, ist gefasst –. Und das ist jetzt kein Witz: Spontan habe ich gedacht, dass ich bezüglich der vielen Rechtschreibfehler zum Eingreifen gezwungen bin, da greift Basti das Thema in seinen ersten Worten auf – Korrekturen vom Deutsch(punk)lehrer seien euch hiermit angedroht –. Aber ich kann Basti versichern, dass möglicherweise kurzfristig die Fehlerquote gestiegen sein mag, aber kaum jemand so hilflos rumstammelt, wie ich es zu meinen Zeiten tat. Da sind die geringen Mängel in der Interpunktion in deiner Kolumne möglicherweise nur Tippfehlern oder bösartigen Fügungen geschuldet. Außerdem sind Fehler willkommene Gesprächsanlässe in einem deskriptiven Orthografie-Talk. Helge bringt seine einleitenden Worte kurz und fehlerfrei auf den Punkt. Und mit Maks‘ erstem Vorwort nimmt die schleichende Rilrecisierung des Plastic Bombs neue Ausmaße an. Sein Geschäftspartner Lars erwischt mich mit der moralischen Breitseite zum Thema Festung Europa kurz und hart. Nein, das ist nicht lustig! Aber sind wir mal ehrlich zueinander: Hobbes hat Recht. Anders kann es nicht sein! Rosseaus Theorie vom Menschen ist eine Kopfgeburt.
Mit dem Begriff der Heimat, den Herder anlässlich des kurzzeitigen Erscheinens von Zombi-Abiturienten in Oberhausen diskutiert, erscheint es mir schwer. Ist die Heimat in Stein gemeißelt und nur in der Rückschau gefährlich, wenn sie romantisiert und gleichermaßen für die Allgemeinheit überhöht wird, oder ist es eine Frage, wer die Deutungshoheit über den Begriff hat? Diese Fragen werfen Herders Einlassungen in mir auf.

Und zum Inhalt komme ich dann später.

Der große Orthografie-Check: Michas Rechtschreibung im Test.

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